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Frauenförderung Uni Wien: A wie Ambivalenz

Originalbeitrag vom 27.10.2015 zur Verfügung gestellt von mokant.at

Als die Abteilung für Gleichstellung und Diversität der Universität Wien Mitte Oktober ihr 15-jähriges Jubiläum feierte lag Freude in der Luft, aber auch Unmut. Es war eine Veranstaltung, die sich selbst mit dem Wort ‚Ambivalenz‘ prägte, bei der der Universitätsdirektor zu seiner eigenen Rede zu spät kam, bei der mit einem schiefen Lächeln auf die teilweise überwundenen Hindernisse zurückgeblickt wurde. Trotz des einen oder anderen verstimmten Moments ist niemand müde, die vielen erfolgreichen Initiativen zu betonen, die vor allem Frauen in ihrem wissenschaftlichen Leben an der Universität fördern sollen. Man muss sich nicht genau umschauen, um zu erkennen, dass für Frauen zahlreiches Förderprogramme angeboten werden, seien es Seminare, Workshop-Reihen oder außeruniversitäre FLIT-Veranstaltungen (Frauen_Lesben_Inter*_Trans*). Zu aller erst heißt es, sich im Dschungel der Frauenförderung zurecht zu finden.

Gegen den Machtverlust der Frau

Das Angebot an Frauenförderungsinitiativen rund um die Universität Wien bietet weitaus mehr als ein oder zwei Kurse. Eine Vielzahl an Institutionen und Organisationen rund um die Universität stellt unterschiedliche Programme und Hilfen an. So sieht sich das Frauenreferat der ÖH als erste Anlaufstelle für Probleme im Universitätsalltag, als Team von Vermittlerinnen. Einer ihrer Fixpunkte ist der Topf zur Förderung feministischer und queerer Nachwuchswissenschafter*innen, mit dem wissenschaftliche Arbeit zur vorurteilsfreien feministischen und queeren Themen gefördert werden soll. Das Frauentutoriumsprojekt und kleinere Veranstaltungen gehören ebenfalls zu Ihrem Repertoire.

‚Power Up!‘ dürfte ebenfalls einigen Studentinnen ein Begriff sein: organisiert durch den Frauenförderbeirat und in Kooperation mit der Organisation für Frauenprojekte bietet die Initiative Seminare, Workshops und Schreibwerkstätte für Studentinnen an. Auch die Universität Wien liefert durch die Abteilung für Gleichstellung und Diversität ein reiches Angebot an Karriereförderprogrammen, wie ‚Back To Research‘ oder die ‚Berta Karlik-Professur‘. Der Sinn dabei sei es, Frauen dort zu unterstützen, wo sie an Machtposition verlieren, meint Kerstin Tiefenbacher, die selbst in der Abteilung tätig ist. „Unsere Arbeit findet bei höheren, Postdoc-Ebenen statt und es soll eine Art Empowerment und Sensibilisierung stattfinden. Es soll zwischen Frauen Austausch geben, die für ihre Karriere kämpfen müssen.“, so Tiefenbacher.

Die Förderprogramme sollen weiblichen und queeren Studierenden Raum zur eigenen Entfaltung fern von Chancenungleichheiten des Universitätsalltags bieten. Das nötige Know-How zur wissenschaftlichen Arbeit sowie das bewusst werden sexistischer Strukturen und Tipps zum Karrierestart sollen betroffenen Studierenden helfen, sich in der Männerdomäne Uni zurecht zu finden. Bei Studienbeginn ist diese noch nicht erkennbar, waren doch, je nach Art des Studiums, im Wintersemester 2013/14 ungefähr 60 Prozent der Studierenden weiblich, sowohl in Bachelor- als auch in Master-Studien.

Im Doktorat jedoch sinkt der Frauenanteil beträchtlich auf 51 Prozent, bei den Professorinnen sind es nur mehr 26 Prozent. Nicht schön zu reden ist auch der weiterhin geringe Anteil an Frauen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), der ebenfalls mit Studienfortschritt nachlässt. Karriereförderprogramme sollen gegen diese Abnahme des Frauenanteils in höheren Positionen wirken und Frauen* an der Universität Wien das nötige Werkzeug für einen erfolgreichen Berufsstart mitgeben, so Tiefenbacher.

Männer nicht erlaubt?

Wer sich durch das Gewirr an Frauenförderprogrammen zu verstehen versucht, trifft unweigerlich auf kritische Stimmen zu Programmen, die sich ausschließlich an Frauen richten. Felix Mayrbäurl vom Ring freiheitlicher Studenten findet dies schade, denn Studierende sollten eigentlich zusammenarbeiten. „Es geht am Sinn vorbei, wenn man männliche Studenten durch Feminismus ausschließt“. Gleichberechtigung sei, laut Mayrbäurl, nur durch die Mitarbeit von Männern zu erlangen. Das Team des Frauen*referat der ÖH Wien widerspricht ihm, und meint, Frauen* bräuchten einen Raum, um sich sicher entfalten zu können: „Es ist wichtig, Räume zu schaffen, in denen es eine spezifische Einladungspolitik gibt. Man braucht einen Schutzraum, in dem man sich wohl fühlen kann. Es ist etwas anderes, wenn da Typen sind, die Raum einfordern.“

Dass die Förderung der Frau legitim und wichtig sei, solange der Frauenanteil weiterhin von Karrierestufe zu Karrierestufe weniger werde, meint Kerstin Tiefenbacher von der Universität Wien in Bezug auf FLIT-Veranstaltungen. „Gleichberechtigung ist Männern gegenüber nicht ausschließend. Wenn man sich ausgeschlossen fühlen will, ist das eine andere Frage.“, so Tiefenbacher. Es ist eine Diskussion, die oft in institutionellen Kreisen stattfindet, doch wie stehen Studierende dazu? Olivia, Studentin der Anglistik und Hungarologie, nahm an der Schreibwerkstatt im Zuge der ‚Power Up!‘-Veranstaltungen teil, und stieß im Bekanntenkreis ebenfalls auf Skepsis: „Viele meiner Freunde finden, es ist Blödsinn, dass hier Männer ausgeschlossen werden. Zwar habe ich zumindest in Kleingruppen keinen wirklichen Unterschied zu der Arbeit mit Männern gesehen, es war trotzdem interessant und toll zu beobachten, was weibliche Wissenschaftlerinnen so drauf haben.“ Sie steht positiv zur ausschließlich weiblichen Förderprogrammen und meint: „Da Frauen sonst sehr viel Benachteiligung erfahren, wie im Job, halte ich es für wichtig, dass so ein Raum geschaffen wird. Ein Bereich der ‚uns‘ nicht genommen wird.“

Wer bezahlt die Frauenförderung?

Bei aller gut gemeinten Frauenförderung scheint ein Punkt jedoch unübersehbar: der Kostenfaktor. Gratis Förderung für Frauen* ist schön und gut, doch aus welcher Tasche finanzieren sich solche Initiativen? Das Frauen*referat der ÖH Wien bekomme sein Budget durch das Wirtschaftsreferat zugesprochen. Dies sei mit einiger Bürokratie verbunden, so eine Mitarbeiterin des Referats. Die ÖH stelle Geld zur Verfügung, darüber könne das Referat relativ frei entscheiden, müsse jedoch gegebenenfalls größere Entscheidungen abklären. „Wir können nicht ganz frei verfügen und was auch immer machen.“, meint eine Mitarbeiterin. Jenes Geld stelle sich vor allem aus ÖH-Beiträgen und Drittmitteln, also außenstehenden Stellen zusammen.

Die Abteilung für Gleichstellung und Diversität hingegen finanziere ihre Projekte ausschließlich aus dem Globalbudget der Universität Wien. Bei Programmen, die sich über die Jahre hinweg bewährt hätten, müsse man bei der Finanzierung keine Sorgen machen, bei anderen Vorschlägen müsse man jedoch „manchmal in Verhandlungen treten“. „Dass aus Geldgründen eine unserer Maßnahmen nicht stattgefunden hat, würde ich so nicht sagen“, so Tiefenbacher, die in der Abteilung für Karriereförderung zuständig ist. Auf die Frage, ob es laute Stimmen bei der Gründung neuer frauenunterstützenden Initiativen gäbe, meint sie: „Es ist nicht so, dass wir ständig gegen eine Front von Männern ankämpfen, die uns Steine in den Weg legt“. Zu genauen Summen wollte sich keine der beiden Stellen näher äußern. Der Andrang für Förderung durch Studentinnen sei jedenfalls sowohl beim Frauen*referat, als auch bei der Abteilung für Gleichstellung und Diversität groß, es könne also nie genug Fördermittel geben.

Die Menschen der Anlaufstellen sind also um die Gleichstellung von Frauen an der Universität Wien bemüht. Aber warum ist die Frau immer noch nicht gleichgestellt? Das läge an historischen Gründen, meint Tiefenbacher. Die Universität sei mehr als 400 Jahre lang ein Männerklub gewesen, seit etwas über hundert Jahren sind erst Frauen zugelassen und dann vor knapp 60 Jahren unterrichtete Berta Karlik als die erste Professorin in Wien Physik. Die heute nach ihr benannte Professur fokussiert auf Frauenförderung. Gegen den geringen Frauenanteil in der Lehre gelte es erstmal anzukämpfen. Dabei sei das Rektorat der Universität Wien durchaus gesprächsfähig und kooperationsbereit, beteuert Tiefenbacher wiederholt. Auf die Frage, wie es denn mit der Gender Pay Gap der Mitarbeitenden der Universität Wien aussähe, ob den Mitarbeitende aller Geschlechter gleich bezahlt werden würden, darf sie dennoch laut Vorschrift trotzdem keine Auskunft geben.

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